Eines der weltweit führenden Festivals für das aktuelle Filmschaffen in Mittel- und Osteuropa steht wieder in den Startlöchern: Das FilmFestival Cottbus (FFC) präsentiert vom 5. bis zum 10. November 147 Filme aus 41 (Ko-)Produktionsländern. Die Bandbreite ist dabei gewohnt groß - vom ukrainischen Science-Fiction-Film bis zum kasachischen Eastern, von der tschechischen Schlachtfest-Groteske bis zum Geflüchtetendrama aus Serbien. Der Eröffnungsfilm wird MY LATE SUMMER (HR/BA/RO/SI/RS) von Oscar-Gewinner Danis Tanović (NO MAN’S LAND) sein – eine berührende Geschichte voller Herz, Schmerz und nostalgischer Gefühle im mediterranen Spätsommer auf einer kroatischen Adria-Insel. Die Handvoll Menschen, die sich dort begegnen, kommen einander schneller näher, als ihnen lieb ist. Das vollständige Programm ist ab heute, dem 16. Oktober 2024 auf der Festival-Website verfügbar.
Drei Wettbewerbe bestimmen das Festival: der Wettbewerb Spielfilm, Kurzfilm und der U18 Wettbewerb Jugendfilm. Dazu kommen sieben weitere Programmsektionen, in denen das facettenreiche Filmschaffen Mittel- und Osteuropas in den Mittelpunkt gestellt wird. Das Publikum kann sich dieses Jahr auf insgesamt 78 Premieren freuen, darunter zwölf Weltpremieren und 60 Deutschlandpremieren. In der Sektion Spectrum wird Eglė Vertelytės TASTY (LT) gleichzeitig in Cottbus, Tallinn und Cork uraufgeführt – eine Feel-Good-Komödie über zwei Freundinnen, die an einem TV-Kochwettbewerb teilnehmen. Der Filmemacher Vladimir Nepevny thematisiert in WHEN WE RETURN (IL) (Sektion Specials) die Auswirkungen des russischen Krieges gegen die Ukraine und die Spaltung seiner eigenen Familie durch russische Propaganda. Eine weitere Weltpremiere ist die schwarze Komödie ETERNITY PACKAGE (BG/IT) (Spectrum), in der ein Bestatter in einer korrupten Kleinstadt um sein Überleben kämpft. OLIARA (KAZ) ist ein Eastern vom ungarischen Altmeister Tamás Tóth, der die brutalen Umwälzungen in Kasachstan in den 1930er-Jahren zeigt und damit eines der dramatischsten Kapitel der kasachischen Geschichte beleuchtet. Dieser Film läuft in der neuen Specials-Reihe MIDNIGHT MADNESS, in der ernste Themen mit krassen Genre-Motiven erzählt werden.Daraus ergeben sich höchstspannende Erzählungen zwischen Folk-Legende und wahrem Kern, Altersheim und Kettensäge, Drogenlabor und Nationalismus-Gen.
Das FFC präsentiert sieben ukrainische Lang- und Kurzfilme, die mit investigativer Kraft, Alltagsbewusstsein, Nachdenklichkeit und Poesie die Filmszene der Ukraine vertreten, welche sich trotz widrigster Umstände kreativ mit Geschichte, Gegenwart und Zukunft auseinandersetzt. Darunter sind der Wettbewerb Spielfilm-Beitrag U ARE THE UNIVERSE (UA), ein Sci-Fi-Drama über Einsamkeit im All, sowie I SEE THEM BLOOM (DE), ein Kurzfilm, der Einblicke in das Leben junger geflohener Ukrainerinnen in Deutschland gibt. Der Dokumentarfilm STORIES FROM THE CELLAR (UA/USA) thematisiert die Traumata und den Überlebenswillen ukrainischer Kinder im Angesicht des russischen Angriffskrieges. Zudem gibt es auch dieses Jahr wieder am Festival-Samstag den Ukrainischen Tag, an dem ukrainische Mitbürger*innen gegen Vorlage eines gültigen ukrainischen Reisepasses freien Eintritt zu allen Filmen des Programms erhalten.
In der Sektion Close-Up rückt das FFC dieses Jahr das Filmland Armenien in den Fokus. Hier erwarten das Publikum originelle und mutige Geschichten, die sowohl die bewegte Geschichte des Landes thematisieren als auch aktuelle gesellschaftliche Diskurse aufgreifen. Der Spielfilm AMERIKATSI (AM) von Michael A. Goorjian erzählt die Geschichte von Charlie, der nach seiner Rückkehr aus den USA in die Sowjetunion ins Gefängnis kommt - eine Polit-Tragikomödie, die geprägt ist von Sehnsucht, Melancholie und schwarzem Humor. In der animierten Dokumentation AURORA’S SUNRISE (DE/AM) beleuchtet Inna Sahakyan, Mitglieder der Internationalen Jury des FFC, die erschütternde Überlebensgeschichte von Aurora Mardiganian, die dem Völkermord an den Armenier*innen entkam und dann nach Hollywood ging. Das Kriegstagebuch seines Großvaters führt Regisseur Hakob Melkonyan in THE WAR DIARY (FR/AM) auf eine Reise durch die von Konflikten geprägte ehemalige UdSSR und verknüpft die Vergangenheit mit gegenwärtigen Kriegsrealitäten. Das Programm ergänzt ein Mastertalk über das armenische Kino zwischen Geschichte und Gegenwart mit Regisseurin Inna Sahakyan. Die Sektion Close-Up Armenien wird unterstützt von der Bundeszentrale für politische Bildung.
Ein weiteres Highlight des Festivals ist die Reihe „Der weibliche Blick: Neue Filme aus der tschechischen Republik“, kuratiert von Lenka Tyrpáková. Acht Lang- und fünf Kurzfilme von tschechischen Filmemacherinnen stehen auf dem Programm, darunter der Spielfilm HER BODY (CZ/SK) von Natálie Císařovská, der die Geschichte einer Turmspringerin erzählt, die nach einer Verletzung in die Pornoindustrie wechselt. Die Reihe bietet intime Porträts, animierte Reisen und humorvolle Mockumentaries – weibliche Stimmen des tschechischen Kinos, die man im Auge behalten sollte. Der Deutsch-Tschechische Zukunftsfond fördert diese Reihe.
In der Sektion Eco East regen vielseitige Beiträge zwischen Spielfilm und Dokumentation, Science-Fiction und Familiendrama dazu an über die Beziehung zwischen Menschen und Landschaft nachzudenken. Ergänzend dazu findet das Panel „Urlaub am See – Industrielandschaften in Brandenburg und im Baltikum neu denken“ statt. Der Dokumentarfilm BURIAL (LT/NO) erzählt von dem der Rückbau des Atomkraftwerks Ignalina am Drūkšiai-See an der litauisch-belarussischen Grenze. Nach der Vorführung diskutieren Vertreter*innen der Filmcrews und die Chefstadtentwicklerin der Stadt Cottbus, Doreen Mohaupt, unter der Moderation des Umwelt- und Klimaexperten Felix Jaitner über die Renaturierung ehemaliger Industrielandschaften. In seinem neuen Film DRY SEASON (CZ/SK/DE) zeigt Altmeister Bohdan Sláma zudem wie der aktuelle Streit ums Klima zu Brüchen innerhalb von Familien führt.
Sorbisches, regionales und internationales Filmschaffen treffen in der Sektion Heimat | Domownja | Domizna aufeinander. Hier werden sowohl aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme als auch wiederentdeckte Schätze aus Archiven gezeigt. Bekannte Namen und Newcomer gehen hier in vielfältiger Weise der Bedeutung des Wortes Heimat auf den Grund. Zwei Filme von Donald Saischowa laden ein, über 35 Jahre Mauerfall nachzudenken. Schnell wird deutlich, dass die gezeigten Bilder nichts von ihrer gesellschaftlichen Relevanz verloren haben. Im Kurzfilmprogramm Łužyca Shorts erzählen Filmemacher*innen Geschichten, die die Lausitz bewegen. Weiterhin feiert der Film WUHLO (DE) als dritter Teil der 12-jährigen dokumentarischen Langzeitbetrachtung von Maja Nagel und Julius Günzel Premiere beim FFC.
Zudem stehen die bekannten Sektionen Spectrum und Hits auf dem Programm, die spannendes Arthouse-Kino, tiefgehende Unterhaltung und Comedy mit Köpfchen bieten. Außerdem gibt es erneut das Kinderprogramm Kids Im Kino, inklusive Kinderfest und dem neuen Märchenfilm DAS MÄRCHEN VON DER SILBERNEN BRÜCKE von Cüneyt Kaya am Festivalsonntag!
Das FilmFestival Cottbus wird maßgeblich gefördert vom Medienboard Berlin-Brandenburg, dem Land Brandenburg und der Stadt Cottbus.