Vom Arsch im Hinterhof zur Leidenschaft des Altpapiersammlers – Wettbewerb Kurzfilm und U18 Wettbewerb Jugendfilm des 30. FFC

Beitrag aus dem Wettbewerb Kurzfilm des 30. FFC: CHRISTMAS ROAST
Beitrag aus dem Wettbewerb Kurzfilm des 30. FFC: CHRISTMAS ROAST © Edgar Baghdasaryan Film Production

Bodenständiges mischt sich mit Poesie: Neben dem internationalen Wettbewerb Spielfilm präsentiert das FilmFestival Cottbus den Wettbewerb Kurzfilm und den U18 Wettbewerb Jugendfilm, die das ganze inhaltliche und künstlerische Spektrum des osteuropäischen Kinos zeigen.

Erstmalig werden auch die Preisträger dieser Wettbewerbe mit der FFC-Preisskulptur LUBINA geehrt. 
Das Programm des 30. FilmFestival Cottbus läuft vom 3. bis 8. November 2020 in Cottbus und fünf weiteren Orten der Region sowie online vom 3. bis 21. November als bundesweites Streaming-Angebot.

Emotionen im Minutentakt: der Wettbewerb Kurzfilm

Der Kurzfilmwettbewerb des 30. FFC zeigt elf Filme aus insgesamt zwölf Produktionsländern. Mit scharfem Sinn und leichter Hand inszeniert, stellen die Beiträge alte Gewissheiten auf den Kopf und wechseln dabei ihre Emotionen im Minutentakt. 

Die stilistische Bandbreite reicht vom im Direct-Cinema-Stil erzählten SHERBET über eine Belgrader Liebesnacht mit leidenschaftlichem Beginn und flauem Ende, bis zu Schwarzen Komödien wie dem slowakischen GREETINGS FROM NIGERIA, in dem zwei Welten aufeinanderprallen: ein alter Mann und das Internet. 

Immer wieder ecken die Protagonisten in ihrem Umfeld an: In 100 EURO jagen zwei rumänische Schwarzarbeiter in Wien ihrem versprochenen Lohn hinterher, im armenischen CHRISTMAS ROAST entdeckt ein charismatischer Schuldeneintreiber sein Schauspieltalent, und in THE SCHOOL BUS wird einer türkischen Dorfschule zwar ein Schulbus geliefert, aber ohne Fahrer. Kurzentschlossen setzt die Lehrerin sich selber hinters Lenkrad – und nimmt damit, wie die meisten Heldinnen und Helden im diesjährigen FFC-Kurzfilmwettbewerb, das Schicksal selbst in die Hand.

So wie die Frauen in THE NEWS, die mit einem Fernsehinterview die patriarchalen Hierarchien eines abgelegenen albanischen Dorfes durcheinanderwirbeln, die lesbische Tochter in EGGSHELLS (Bulgarien), die mit ihrem Vater ins Reine kommen will, und ein Ex-Soldat in dem ukrainischen BULLMASTIFF, der sein Kriegstrauma mit Hilfe eines zugelaufenen Hundes in den Griff bekommt.

Ob die Enge eines griechischen Dorfes wie in VOUTA oder die Weite der nordsibirischen Taiga wie in SULPHUR: die Widersprüche, in die sich die Protagonistinnen auf der Suche nach ihren ganz persönlichen Wahrheiten verfangen, entwickeln sich in schnellem Tempo zu leidenschaftlichen Diskursen über Schuld und Schicksal, Verantwortung und Willenskraft. Mal mit Wut erzählt, mal mit Understatement, oft mit einem Hang zur Groteske, wie in dem russischen SEEMED, in dem ein Lehrer in seinem Hinterhof einen riesigen Arsch vorfindet, den er gleich ins Internet postet und damit zum Star in den Sozialen Medien wird.

Im Wettbewerb Kurzfilm werden zwei Preise vergeben: Der Hauptpreis für den besten Kurzfilm ist mit 2.500 EUR dotiert und wird gestiftet von der Druckzone Cottbus. Der Spezialpreis (an den Regisseur), gestiftet von Tiede+, ist verbunden mit einem Preisgeld in Höhe von 1.500 EUR.


Sehnsüchte, Wut und Schweigen: der U18 Wettbewerb Jugendfilm

Erste Liebe und eine Menge Missverständnisse – so könnte man die Jugendzeit salopp zusammenfassen. Dass weit mehr dazu gehört, zeigen die sieben Wettbewerbsbeiträge und fünf weitere Kurzfilme im diesjährigen U 18 Wettbewerb Jugendfilm. Möglichst authentisch und alltagsnah werden klassische und weniger klassische Jugendthemen verhandelt, zwischen Sehnsucht und Existenzialismus, zwischen Cyber-Karriere und Analog-Mobbing, zwischen Noch-mal-eine-Reise-mit-den-Eltern bis zur Trauerarbeit zwischen Wut und Schweigen. Intensive Filmerlebnisse aus insgesamt neun Produktionsländern.

Die Filmauswahl reicht von der kasachischen Drogenkarriere-Geschichte 18 KILOHERTZ über das polnische Influencerin-Portrait SWEAT bis zu OTTO THE BARBARIAN, der einen rumänischen Punk (herausragend in der Rolle des Otto: Marc Titieni) begleitet, der mit dem Selbstmord seiner Freundin klarkommen muss und dabei zwischen trotzigem Schweigen und verzweifeltem Zynismus nach seiner emotionalen Balance sucht. Mit I AM THE SEA, der klassische Coming-of-Age-Motive fantasievoll mit neorealistischen Beobachtungen aus dem Alltag eines jungerwachsenen Altpapiersammlers in Istanbul verbindet, steht eine Weltpremiere auf dem Programm.

Neben den langen Spielfilmen erzählen fünf kurze Filme außer Konkurrenz von jugendlichen Erfahrungen zwischen den USA, der türkischen Riviera und dem Lebuser Land, darunter drei Kurzfilme von Schülern des V. Lyceums „Krzysztof Kieślowski“ in Cottbus’ polnischer Partnerstadt Zielona Góra. Auch in diesem Jahr wählt wieder eine deutsch-polnisch-tschechische Schülerjury den besten Film des Wettbewerbs.

Der U18 Wettbewerb Jugendfilm wird maßgeblich unterstützt von der IHK Cottbus. Den Preis für den besten Jugendfilm, dotiert mit 5.000 EUR, stiftet die Stadt Cottbus.

 

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