SEKTION: Close Up WWII

75. Jahre Befreiung – Ende des Zweiten Weltkriegs

Vor 75 Jahren endete mit der deutschen Kapitulation im Mai 1945 der Zweite Weltkrieg. Seitdem ist die Welt, vor allem aber Europa und hier insbesondere Osteuropa, damit beschäftigt, sich die Wunden zu lecken, Kriegsverbrechen aufzuarbeiten, seine Geschichte zu hinterfragen. Auf Kriegsgreuel, Bombenteppiche, Holocaust und Vertreibungen folgten weitere Vertreibungen, der Kalte Krieg und die Aufteilung der Welt in „Ost“ und „West“. Mit der Implosion des „Ostblocks“ änderten sich die Sichtweisen auf die Weltkriegsgeschichte. Eine Filmreihe zum Zweiten Weltkrieg kann gar nicht groß genug sein, um alle Aspekte dieser Geschichte zu diskutieren. Wir haben daher einige Filme zusammengetragen, die möglichst viele Blickwinkel zeigen. Die Auswahl zeigt, wie widersprüchlich die Kriegsgeschichte bis heute interpretiert wird, wie unterschiedlich Erinnerung funktioniert und wie emotional besetzt sie vor dem Hintergrund aktueller politischer Konflikte ist.

Neben Filmschaffenden sind im Anschluss an verschiedene Vorführungen Experten zu Gast: der Kulturjournalist Zdzisław Haczek, Zielona Góra (THE HOURS OF HOPE), die  Kulturwissenschaftlerin Beata Halicka, Poznan (DER ERSTE TAG DER FREIHEIT), die Historikerin Alina Laura Just, Hamburg (DIE BRÜCKE), der Filmhistoriker Ralf Schenk, Erkner (WIR BLEIBEN TREU) und die Slawistin Barbara Wurm (DIE KRANICHE ZIEHEN)

Heldentum und Trauma

Alte und neue Kriegsfilmklassiker von DIE KRANICHE ZIEHEN bis zu INGLORIOUS BASTERDS, der zu weiten Teilen im Land Brandenburg gedreht wurde, zeigen den Widerspruch zwischen offiziös gefeiertem Heldentum und ins Private abgeschobenen Verlusten. Körperliche und seelische Versehrungen, über die man lange Zeit nicht gesprochen hat, weil der Krieg ein vaterländischer war und jeder Tod eine Märtyrertat. Denn der Kampf war auch ein gerechter, gegen Faschismus und Gewalt. Narben blieben trotzdem zurück, überall. Oft wurden später die Seiten gewechselt. So fragt der litauische Spielfilm ISAAC am Beispiel eines Mittäters des antijüdischen Garagenmassakers von Kaunas nach der komplexen Verstrickung zwischen Schuld und Sühne, Verdrängung und Opportunismus. Der tschechische SHADOW COUNTRY zeigt den Kreislauf von Gewalt und Rache, und der Kurzfilm BLACK & WHITE wirft pointiert die Frage auf, warum Kriegsgeschichte immer nur über Männer geschrieben wird.

Dramatising History – alte Schlachten, neue Narrative

Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wurde die Welt geopolitisch neu geordnet. Mit dem Zerfall der Sowjetunion erhielten zahlreiche Staaten im östlichen Europa ihre Unabhängigkeit zurück. Historische Prozesse wurden, wie die Deportationen der baltischen Elite durch die Stalin-Administration, der Tabu-Zone entrissen, womit neue Narrative auf den Zweiten Weltkrieg entstanden. Vor dem Hintergrund aktueller politischer Ängste vor dem mächtigen russischen Nachbarn sind Geschichts-Epen wie der estnisch-finnische BRÜDER-FEINDE oder der lettische CHRONICLES OF MELANIE als Selbstvergewisserung und Warnung zu verstehen. Parallel schlägt das Pendel in der Schuld-Frage nach links aus, drohen die immensen deutschen Kriegsverbrechen an den Rand des historischen Bewusstseins verdrängt zu werden. Während in aktuellen Kriegs-Action-Filmen aus Russland das Verdienst der Befreiung vom Faschismus schleichend zur russischen Sache wird und übergeht, dass sich die Rote Armee als Armee des Vielvölkerstaates UdSSR definierte. Filme wie TOWN OF GLORY gehen noch weiter und fragen nach der Funktion des Gedenkens an den Großen Vaterländischen Krieg in der heutigen politischen Kultur Russlands, die polnische TV-Serie PEOPLE AND GODS diskutiert moralische Fragen des Untergrundkrieges der Polnischen Heimatarmee.

Die Reihe DRAMATISING HISTORY wird maßgeblich gefördert von der Bundeszentrale für politische Bildung. Die Filmdiskussionen zu TOWN OF GLORY und PEOPLE AND GODS werden von der Rosa-Luxemburg-Stiftung unterstützt.

Neue Heimat?! – Vertreibung und Neuansiedlung

Für Millionen von Polen und Deutschen endete der Zweite Weltkrieg mit der Vertreibung aus ihrer Heimat. Polen aus den ehemals östlichen Teilen ihres Landes, die jetzt den ukrainischen, litauischen und belarussischen Sowjetrepubliken zugeschlagen wurden, flüchteten in die früheren deutschen Ostgebiete, die nun an Polen fielen. Die dortigen Deutschen wurden ausgesiedelt und flohen nach Westen, in die spätere DDR und die spätere Bundesrepublik. Dies- und jenseits der Oder-Neiße-Grenze ordneten sich Stadt- und Dorfgemeinschaften neu, mussten Menschen mit Kriegs- und Vertreibungstraumata unter den Verhältnissen des Totalitarismus neue Gemeinschaften aufbauen. Die deutschen Flüchtlinge stießen auf Ablehnung und Misstrauen, die polnischen auf nahezu verlassene Städte. Filmklassiker und Zeitzeugendokumentationen zeigen den Übergang von den letzten Stunden des Krieges zu den ersten Tagen des Neuanfangs im Lebuser Land und Brandenburg.

Die Reihe NEUE HEIMAT wird veranstaltet vom Verein für Film- und Medienpädagogik Cottbus e.V., maßgeblich gefördert vom Kulturland Brandenburg e.V. und unterstützt vom Deutschen Kulturforum östliches Europa.


Q&A | Actionkino zwischen Vaterlandsliebe und Moral

FFC-Moderator Joshua Jádi im Gespräch mit Serienregisseur Bodo Kox (PEOPLE AND GODS). Im Rahmen der FFC-Filmreihe Dramatising History (Sektion: Close-Up WWII).

LIVE am 9. Dezember, 21 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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PANEL | Filme machen Geschichte

Das Panel zur FFC-Reihe DRAMATISING HISTORY thematisiert sich verändernde Geschichtsnarrative.
Moderation: Bernd Buder, FFC-Programmdirektor

Teilnehmer 
Gints Grube (Lettland), Produzent von THE CHRONICLES OF MELANIE
Illka Matila (Finnland), Ko-Produzent von 1944/ BRÜDER - FEINDE
Marcel Maiga (Deutschland), Kurator der FFC-Sektion RUSSKIY DEN
Felix Krawatzek, Politikwissenschaftler am ZOiS

LIVE am 11. Dezember, 15.30 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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Q&A | Erinnerungskultur zwischen Gedenken und Patriotismus

Der Filmjournalist Wolfgang Hamdorf im Gespräch mit Regisseur Dimitry Bogolubov (TOWN OF GLORY). Im Rahmen der FFC-Filmreihe Dramatising History.

LIVE am 11. Dezember, 17.30 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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EXPERTEN-TALK | Vertrieben! Und angekommen?!

Kornel Miglus im Gespräch mit Historikerin Beata Halicka zu Vertreibung und Neuansiedlung in den "Wiedergewonnenen Gebieten". Im Rahmen der FFC-Sektion Neue Heimat?!

LIVE am 15. Dezember, 19 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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EXPERTEN-TALK | Nicht wirklich willkommen - Vertreibung und Neuanfang

Kornel Miglus im Gespräch mit der Historikerin Alina Just über den DEFA-Klassiker DIE BRÜCKE von Arthur Pohl. Im Rahmen der FFC-Filmreihe Neue Heimat?!

LIVE am 17. Dezember, 19 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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PANEL | Traumata statt Heldenerzählung

Erinnerungsdiskurse am Beispiel des Films BOHNENSTANGE | DYLDA
Moderation: Irine Beridze, FU Berlin (Osteuropa-Institut)

Gäste
Nina Weller, Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder (Kulturwissenschaftliche Fakultät)
Christiane Schäfer, FU Berlin (Peter Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft)
Eva Binder, Universität Innsbruck (Institut für Slawistik)
Bernd Buder, FFC-Programmdirektor

LIVE am 18. Dezember, 17.30 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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EXPERTEN-TALK | Befreiung: Zwischen Freude und Chaos

Kulturjournalist Zdzisław Haczek diskutiert mit Kornel Miglus über den Klassiker THE HOURS OF HOPE. Im Rahmen der FFC-Sektion Neue Heimat?!

LIVE am 20. Dezember, 19 Uhr (danach als Aufzeichnung weiterhin verfügbar)

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