Die jungen Erwachsenen Slava, Misha und Lera stammen aus der russischen Musterstadt, die in den 1960er-Jahren – ähnlich wie einst Wolfsburg – aus dem Nichts mit nur einem Ziel aufgebaut wurde: der Produktion von Pkws. Doch während ihre Eltern und Großeltern von den goldenen Zeiten der Vollbeschäftigung im AwtoWAS, dem Wolga-Automobilwerk, profitierten, leben die drei jungen Leute den Blues einer postindustriellen Zeit. Das spanisch-französische Team um Regisseurin Laura Sistero erzählt von einer Jugend, die in der russischen Stadt mit der heute höchsten Arbeitslosigkeit trotz guter Ausbildung keine oder nur schlechte Jobs bekommt. Zum Kontrast werden alte sowjetische Werbefilme von Tolyatti gegengeschnitten. Der Film zeigt, wie sich die jungen Menschen im „russischen Detroit“ die Zeit zwischen Wagenheber und Shopping Mall vertreiben, mit der Polizei Katz‘ und Maus spielen und Ratschläge holen, wo man am besten eine gefälschte Untauglichkeitsbescheinigung herbekommt, um dem Armeedienst zu entgehen. Lange vor Beginn des russischen Angriffskriegs wirkt die Neuansprache Putins hier wie blanker Hohn. Auf der Wolga, die hier durch einen Stausee besonders breit ist, schlittern Slava, Misha, Lera und ihre Freund*innen im Winter mit ihren getunten alten Ladas tollkühn über das Eis, feiern das Leben und trotzen allen schlechten Perspektiven.
Text: Kira Taszman
Kammerbühne Serienlounge: Originalversion mit engl. Untertitel
Laura Sistero -