Mit Tee, Bier, Fleisch, Nudelsalat oder eingelegtem Gemüse haben sich die Reisenden für die lange Zugfahrt gerüstet. 12 Stunden dauerte die Fahrt mit dem Nachtzug von der ukrainischen Hauptstadt Kyiv bis an die Front des Ukrainisch-Russischen Kriegs im Jahr 2019. In dem Ort Kostjantyniwka war Schluss. Wer von hier aus in das umkämpfte Donezk-Becken fahren wollte, konnte nur per Auto oder Bus weiter und musste zahlreiche Checkpoints passieren. Der Regisseur Kornii Hrytsiuk, selbst aus dem Donbass stammend, aber in Kyiv wohnend, bestieg 2019 diesen Zug mit dem bezeichnenden Namen „Kyiv-Krieg“. Vor seiner Kamera sprechen Mitreisende über ihre sehr persönlichen Kriegserlebnisse. Paare entzweiten sich, Ehepartner starben an der Front als Soldaten oder Mediziner, etliche mussten fliehen. Eine Schaffnerin trägt ein selbstgeschriebenes Gedicht vor, andere fluchen über Politiker und beklagen niedrige Löhne und Inflation. Mittlerweile haben die Ereignisse auch dieses wichtige filmische Dokument überholt, seit sich seit Februar 2022 die gesamte Ukraine im Krieg befindet.
Text: Kira Taszman
Glad-House/Obenkino: Originalversion mit engl. Untertitel
Dieser Film ist Teil des Ukrainischen Tages.
Kornii Hrytsiuk - Ukrainischer Filmregisseur und Drehbuchautor. Seit 2011 ist Kornii in der Filmbranche tätig und drehte mehrere Kurz- und Langfilme, die an internationalen Filmfestivals teilnahmen und mit Preisen ausgezeichnet wurden. Seinem unabhängiger Debütfilm "2020#desertedcountry" hatte seine Premiere 2018 – eine Mockumentary darüber, wie fast alle Ukrainer*innen ihr Land verlassen haben. Sein folgender Dokumentarfilm von 2020, "Train: Kyiv-War", handelt von Passagieren eines Nachtzugs, der Kiew mit einem Kriegsgebiet in der Ostukraine verbindet. Gerade hat Kornii seinen dritten Dokumentarfilm "Eurodonbas" mit Unterstützung der staatlichen ukrainischen Filmagentur und des Ministeriums für Kultur und Informationspolitik der Ukraine (Produktionsfirma "435 FILMS") fertiggestellt. Außerdem produzierte Kornii 2021 eine Audio-Serie über die Kurenivka-Schlammlawine in Kiew und den herausragenden ukrainischen Fußballtrainer Valery Lobanovsky.