KUKLALAR

Die aserbaidschanische Hauptstadt Baku im Jahre 1989: um ein wenig Geld zu verdienen, zwängt sich eine Gruppe Jugendlicher in die Kostüme westeuropäischer Comicfiguren. Sie lassen sich auf der Strandpromenade am Kaspischen Meer mit vorbeikommenden Spaziergängern fotografieren. Nebenbei laufen sie den Mädchen hinterher, spüren den frühlingshaften Charme der Pubertät genauso wie deren Schmerzen. Ein sorgloser Alltag, der jedoch mit dem Zerfall der Sowjetunion bald von der Realität überrollt wird. In der Provinz Nagorny-Karabach eskaliert der Konflikt mit Armenien, am Bahnhof kommen Züge mit Flüchtlingen an, und in Baku schlägt die Stunde der Nationalisten. Der armenischstämmige Fotograf, für den die sechs Jungen arbeiten, wird ins Exil gezwungen. Noch bevor sie wirklich begonnen hat, findet die kollektive Coming-of-Age-Geschichte ein jähes Ende. Micky Maus, Balou der Bär, Pinocchio und die anderen müssen sich zwischen Leben und Tod, Versteckspiel oder Kampf für ein bis dato unbekanntes Vaterland entscheiden. Mit leichter Hand inszenierte der Regisseur ein Wendedrama, das bei der Zensur aneckte: während am Ende der offiziellen Filmkopie Portraitfotos der im Krieg gefallenen Jugendlichen den Märtyrertod glorifizieren, kursiert im Internet eine Fassung, an deren Ende die zerfetzten Kostüme der Gefallenen auf dem Schlachtfeld gezeigt werden; betrauert von dem einzig Überlebenden der Gruppe junger Männer. BB