HOLUNDERBLÜTE

Der Film erzählt die Geschichte einer Landschaft, die Ostpreußens,  und seiner Bewohner. Eine geschichtsträchtige Gegend. Einst lebten hier Deutsche, Polen, Litauer und Juden nebeneinander und miteinander. Nach dem II. Weltkrieg und den Vertreibungen der Deutschen durch Stalin wurde aus der preußischen Provinz eine russische Exklave, geostrategisch bedeutsamer denn wirtschaftlich, ein absurdes Rudiment politischer Machtspiele. Volker Koepps nunmehr vierter Film über die Kaliningrader Oblast widmet sich einer Generation, die in den 90er Jahren geboren, die Sowjetunion und Ostpreußen nur noch aus Schulbüchern kennt. Ihre Gegenwart ist eine andere. Die Eltern und Großeltern, die hierher zwangsumgesiedelt wurden, haben nie Wurzeln geschlagen und sich mittlerweile hoffnungslos der Arbeitslosigkeit und dem Alkohol  ergeben. Die Kinder sind vollkommen auf sich selbst gestellt. Die Älteren kümmern sich um die Jüngeren, man spielt mit dem, was herumliegt und das Mädchen Ljuda wartet darauf, endlich volljährig zu werden, dann kann sie ihre Brüder aus dem Heim zu sich holen.

Es sind unter anderem die Gedichte von Johannes Bobrowski, die Koepp immer wieder in diese Gegend zurückgezogen haben. In einem huldigt er den Holundersträuchen, die mit ihren zarten Blüten das Bild der Landschaft prägen. Sie werden verehrt als Schutzpatrone der Häuser und Kinder. Die Architektur ist schon weitestgehend verloren. Die Natur hat begonnen, sich ihr Terrain zurückzuhholen. Alles beginnt zu verwildern. Den Kindern aber traut dieser Film viel zu. Nur was wird aus ihnen?

(Katalog Leipzig, 2007)