Sektion: Wettbewerb Spielfilm

Minsk

Minsk

Boris Guts
EE, 2022, 78 Min

Julia und Pasha, ein junges Paar, Eigentumswohnung. Drinnen Liebesspielchen, draußen Polizeisirenen. Die belarussische Miliz knüppelt die Proteste gegen Lukaschenko nieder, auch Julia und Pascha geraten in deren Fänge. Statt Siri geben gewalttätige Polizisten den Ton an – wütender One-Take-Politthriller über eine Nacht in Minsk.

Osteuropäisches Kino mal ohne Zwischentöne, aber mit authentischer Stimme. Nach der Präsidentschaftswahl im August 2020, bei der Oppositionskandidaten festgenommen und zahlreiche Wahlmanipulationen festgestellt wurden, kam es zu Massenprotesten in Belarus. Über 30.000 Menschen wurden festgenommen, 450 Fälle von Folter und Misshandlungen dokumentiert, acht Menschen verloren ihr Leben. Die Szenen, die in MINSK dargestellt werden, beruhen auf Zeug*innenaussagen. Der im russischen Omsk aufgewachsene Independent-Regisseur Boris Guts drehte die Odyssee seines Mittelschichtpärchens – er Architekt, sie Studentin – ohne einen einzigen Schnitt. Womit sein Polit-Thriller enorme Dynamik gewinnt: die Flucht vor der Polizei, Gefangennahme, Willkür, erneute Flucht und Ratlosigkeit. Adrenalin-Kino in der Tradition des engagierten Autorenkinos. Überflüssig zu betonen, dass er in Belarus nicht drehen durfte und sein Film sowohl in Belarus wie in Russland verboten ist, nicht nur wegen des Putin-Lukaschenko-Witzes zu Beginn.

Text: Bernd Buder

Boris Guts über seinen Film: "Wie viele andere Menschen habe ich am 10. und 11. August letzten Jahres all das Grauen, das in Minsk und anderen belarussischen Städten geschah, buchstäblich online mitverfolgt, und ich konnte nicht anders, als bewegt und entsetzt zu sein. Und dementsprechend war mir schon damals klar, dass das gefilmt werden muss, dieser Horror muss gedreht werden, und zwar ohne Montage – auf keinen Fall, denn der Zuschauer muss das alles nonstop sehen, anderthalb Stunden lang. Denn der Betrachter muss zum Teilnehmer an diesen Ereignissen werden. Wir können nicht auf unseren gemütlichen Sofas sitzen, in unseren gemütlichen Cafés in Moskau oder irgendwo weit weg in der russischen Provinz, und alles auf unseren Telegram-Kanälen sehen, ‚ooh‘ und ‚aah‘ sagen und nichts tun. (…) Ich möchte nicht eine gekämmte, geglättete Filmfantasie zeigen, sondern eine Realität, in der ein totalitärer Polizeistaat vor Ihren Augen das Leben eines Menschen in nur anderthalb Stunden zerstören kann, während Sie noch den Film sehen".

(Zitiert nach Quelle 1 und Quelle 2)

Stadthalle: Originalversion mit engl. Untertitel + dt. Simultanübersetzung

Weltspiegel Saal 2: Originalversion mit engl. Untertitel

 

Drehbuch
Boris Guts
Kamera
Daria Likhacheva
Ton
Antti Mass
Ausstattung
Johannes Valdma
Darsteller
Anastasia Shemyakina (Julia)
Aleksey Maslodudov (Pavel)
Produzent
KATERINA MONASTYRSKAYA, VITALI SHKLIAROV, BORIS GUTS, ANASTASIA GUSENTSOVA, ANDRES PUUSTUSMAA
Produktion
Leo Films
Boris Guts

Boris Guts - Boris Guts wurde am 7. November 1980 in Russland geboren. Er ist Produzent und Regisseur, bekannt für "Smert nam k litsu" (2019), "Fagot" (2018) und "Arbuznye korki" (2016).

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